
Zwischen Fingerabdruck und Fixierband
Es ist Freitag. Noch drei Wochen bis zur Ausstellung. Das klingt nach großzügigem Zeitpolster, aber ich weiß aus Erfahrung: Die Ruhe am Anfang ist trügerisch. Irgendwann kippt alles in Aktion, dann wird’s schnell und hektisch.
Im Moment aber ist es noch der langsame Teil. Der gute Teil, vielleicht. Die Passepartouts sind geliefert, makellos geschnitten, sauber verpackt. Ich öffne sie wie Behältnisse für etwas Kostbares. Daneben die Photographien – sortiert, aber nicht final. Manche blicken mich an, als wollten sie sich noch nicht entscheiden, ob sie mitkommen zur Ausstellung oder lieber im Archiv bleiben.
Ich arbeite am Tisch im Wintergarten. Oder am Boden. Das Licht ist nicht ideal, aber der Ablauf ist eingespielt: Bild platzieren, gerade rücken, mit Fixierband sichern. Einatmen. Aufatmen. Dann kommt das Glas – und mit ihm der erste Fingerabdruck. Immer.
Ich poliere mit Mikrofasertuch und Geduld. Manchmal frage ich mich, ob das noch zur künstlerischen Arbeit gehört oder bereits zur Lagerlogistik. Aber dann, wenn das fertige Bild gerahmt vor mir liegt, plötzlich klar, ruhig, präsent – dann weiß ich, dass es dazugehört. Unbedingt.
Die Rahmenrückseiten warten auf Beschriftung: Titel, Technik, Jahr. Ich schreibe von Hand, obwohl es niemand verlangt. Es gibt eine gewisse Würde in dieser Geste. So wie das kleine Nicken, das ich mir manchmal erlaube, wenn ein Bild „sitzt“.
Vier Wochen also. Noch genug Zeit. Aber ich kenne diesen Rhythmus: Erst der stille Fleiß, dann die wachsende Unruhe, schließlich der Adrenalinendspurt kurz vor dem Hängen. Noch bin ich im ersten Akt. Der Soundtrack dazu: leises Rascheln von Papier, Klebestreifen, das Zischen des Glasreinigers. Und irgendwo im Hintergrund: die Vorfreude.